Leistungsstarke Luftreiniger sind meist laut, führen zu Zugerscheinungen und weisen aufgrund hoher Induktionswirkung Kurzschlussströmungen auf, welche die Wirksamkeit reduzieren. Der hier beschriebene Versuch erprobte erfolgreich ein Luftreinigersystem mit 3 kleinen Geräten in einem voll belegten Klassenraum und detektierte gleichzeitig die Ausbreitung und Reduktion von Viren durch einen infektiösen Schüler.
TracerTech wurde mit der Untersuchung beauftragt, Luftreiniger auf ihre Wirksamkeit im Hinblick auf die Anforderungen der VDI-Expertenempfehlung[1] unter Realbedingungen in einem belegten Klassenraum zu überprüfen. Die wesentlichen aus der Expertenempfehlung abgeleiteten Punkte sind
· der Nachweis der Wirksamkeit über einen lokalen Abfall der Partikelkonzentration in der gesamten Aufenthaltszone, der mindestens dem 4-fachen der Luftwechselzahl oder mindestens 35m³/h pro Person entsprechen soll
· die Ermittlung des Schalldruckpegels im Klassenraum mit Luftreinigern in Betrieb (Anforderung für Klassenräume £35 dB(A)) und
· die Einhaltung der Behaglichkeitskriterien in der Aufenthaltszone
Die untersuchten Luftreiniger haben einen H13-Partikelfilter mit davor geschalteten Aktivkohlefilter. Vom physikalischen Wirkprinzip ist somit eine Emission von Ozon oder UV-Strahlung, was gemäß 1 in jedem Fall vermieden werden soll, ausgeschlossen.
Die Messungen von Schalldruck und Behaglichkeit erfolgten zeitgleich durch ein anderes zertifiziertes Prüfinstitut und sind nicht Gegenstand dieses Berichts.
Da die Raumströmung einmal von den Luftreinigern, aber auch in einem hohen Maße von der Aufwindfahne eines jeden Schülers beeinflusst wird, war es für diese Messung elementar, sie mit Schülern durchzuführen. In einem voll belegten Klassenraum wurde ein Messverfahren angewendet, welches es ermöglicht, den Wirkungsbereich der Partikelreduzierung von Luftreinigern lokal quantitativ zu erfassen. Weil der Luftreiniger zusätzlich zum Partikelfilter einen Aktivkohlefilter zur Abscheidung flüchtiger organischer Substanzen hat, wurde für diesen Test von der physikalischen Eigenschaft von Perfluorocarbon Tracern (PFT) Gebrauch gemacht, die – ähnlich wie Partikel an Partikelfiltern – an Aktivkohle abgeschieden resp. adsorbiert werden. PFT werden deshalb in den USA seit Jahrzehnten zum Test von Undichtigkeiten an Rahmen von Aktivkohlefiltern in Kernkraftwerken und in militärischen Filtern eingesetzt.
Ist bei einem Luftreiniger der Abscheidegrad von Partikeln bei der verwendeten Filterklasse bekannt, dann lässt sich über die Ähnlichkeit der Abscheidung von Partikeln und Tracergas das Strömungsmuster und lokale Partikelabklingraten im Raum unter Verwendung von Perfluorocarbon Tracer messen.
Über den Vorteil zum Einsatz von Tracergasen zur Messung der aerosolgebundenen Partikelausbreitung in der Luft gegenüber der Emission von künstlichen Partikeln wurde in einem früheren Bericht bereits hingewiesen.
Die Messung wurde nachmittags in der Zeppelin Schule in Speyer durchgeführt. Der Klassenraum ist nominal mit 22 Schülern und einem Lehrer belegt. Die Raumhöhe beträgt 3,50m, wodurch sich ein Raumvolumen von 235m³ ergibt. Um einen 4-fachen Luftwechsel über Luftreiniger zu erzeugen, wäre ein Volumenstrom von 940m³/h nötig; das würde einer personenbezogenen Frischluftrate von 41m³/h entsprechen und deutlich über dem geforderten Volumenstrom für eine sehr gute Luftqualität mit 35m³/(h Pers) liegen. Aus diesem Grund wurde der Luftvolumenstrom durch Luftreiniger auf 23 Pers x 35m³/(h Pers) = 805m³/h festgelegt. Um mit UniqAir PRO Luftreinigern dieses Ziel zu erreichen, wurden drei Luftreiniger im Raum verteilt aufgestellt und ein Luftvolumenstrom von je 270m³/h eingestellt.
[1] VDI-EE 4300-14: Messen von Innenraumluftverunreinigungen – Anforderungen an mobile Luftreinigungsgeräte zur Reduktion der aerosolgebundenen Übertragung von Infektionskrankheiten, August 2021
Schüler beim langsamen Aufziehen einer Probenahmespritze
Alle Sitzplätze waren mit Schülern belegt. Auf jeder Schulbank wurden 10 Probenahmespritzen positioniert, mit denen die Schüler gleichzeitig Proben in ihrem Atembereich genommen haben. Jede Spritze wurde ganz langsam über 2 Minuten aufgezogen, dann gab es eine Pause von 2 Minuten und dann erfolgte die nächste Probenahme. Somit gab es von jeder Schulbank 10 Konzentrationsmittelwerte.
Der Versuchsverlauf war so gestaltet, dass vor Beginn der Messungen die Tracergase SF6 und PMCH über Spritzen ausgebracht und die beiden Tracergase über 15 Minuten bei geschlossenen Fenstern aktiv mit der Raumluft durchmischt wurden. Die Qualität der Durchmischung wurde über lokale Probenahmen im Raum quantifiziert. Zum Zeitpunkt t=0 wurden drei Luftreiniger, die der Schulleiter zuvor nach Gesichtspunkten der Praktikabilität im Raum positioniert hatte, angeschaltet und etwas verzögert nach ca. 2 Minuten an einem Schülersitzplatz ein konstanter Volumenstrom PDCB Tracer ausgebracht, der die Emission eines infektiösen Schülers simulieren sollte.
Dr. Raatschen imitiert den infektiösen Schüler und lässt vor seinem Mund 50ml/min hochverdünntes PDCB ausströmen
Über den zeitlichen Abfall des Tracers SF6 konnte so der Luftwechsel durch Infiltration und somit eine Partikelreduktion aufgrund von Undichtigkeiten in der Gebäudehülle quantifiziert werden.
Über den Konzentrationsabfall von PMCH, welches wie Partikel am Partikelfilter, hier von der Aktivkohle adsorbiert wird, konnte die Wirksamkeit der Luftreiniger an jedem Sitzplatz gemessen werden. Es konnte damit ebenso bestimmt werden, wie groß der Grad an Kurzschlussströmungen ist, also Luft, die bereits gereinigt auf kurzem Weg vom Luftreiniger wieder angesaugt wird und damit die Wirksamkeit reduziert.
Über den Konzentrationsanstieg von PDCB, welches ebenfalls vom Aktivkohlefilter adsorbiert wird, wurde die zeitliche Ausbreitung von Viren an jedem Platz im Raum ermittelt. So konnte die Exposition der Schüler durch einen infektiösen Schüler an jedem Platz im Klassenraum quantifiziert werden.
Relative Expositionsverteilung im Raum bei einer Emission an Tisch 2
Zusätzlich zu den Proben an den Schulbänken wurden an jedem Luftreiniger sowohl am Einlass als auch am Auslass je 10 Proben genommen. Somit lag ein vollständiges Bild über die jeweiligen Konzentrationsverteilungen in der gesamten Aufenthaltszone des Klassenraumes und von der Effektivität der Luftreiniger vor.
Ergebnisse:
- Die Infiltrationsrate, gemessen über den Abfall der SF6-Konzentration über der Zeit, lag während der Versuchszeit bei 0,17h-1. Dieser Beitrag wurde bei der Berechnung der Wirksamkeit der Luftreiniger berücksichtigt und subtrahiert.
- Durch die PFT-Messungen vor und hinter dem Filter in den Luftreinigern konnten geringe Leckagen nachgewiesen werden. Die Wirksamkeit der Luftreiniger, gemittelt über die Konzentrationsabfälle von PMCH an allen Sitzplätzen im Klassenraum lag infiltrations- und leckagebereinigt bei dem erwarteten Wert um 3,4h-1 .
- Die Abweichungen vom Mittelwert der lokalen Luftwechselzahlen betrug nur 5,5%. D.h. dass die Aufstellung von drei Luftreinigern in drei Raumecken für eine gute Durchmischung in der Aufenthaltszone sorgte. Es wurde nachgewiesen, dass eine Aufstellung der Luftreiniger im Eckenbereich eines Klassenraumes wirksam ist und eine Platzierung im Zentrum eines Klassenraumes keine Vorteile liefert.
- Nach 38 Minuten wurden die Luftreiniger ausgeschaltet und die Luft im Raum mit einem Laubbläser vermischt. Während der letzte Mittelwert an allen Tischen mit Luftreiniger in Betrieb bei 5,37ppb lag, reduzierte er sich nach der Vermischung auf 4,92ppb. D.h., dass es Stellen im Raum gegeben hat, die eine geringere Konzentration als die an den Tischen gemessenen gehabt haben. Das waren vermutlich die Bereiche um den Auslass der Luftreiniger, in die direkt gereinigte Luft ausgeblasen wurde. Der Unterschied beträgt nur 8% und ist damit ein Indiz für eine gute Raumdurchmischung
Da die Mittelwerte der Einlasskonzentrationen an den Luftreinigern identisch mit den Mittelwerten der Tischkonzentrationen sind, bedeutet das, dass bei der Aufstellung von drei Luftreinigern in einem Raum keine messbaren Kurzschlussströmungen vorliegen und die Reinigungswirkung auch im Realraum zu 100% der Clean Air Delivery Rate entspricht,